Julia Quinn – “Penelopes pikantes Geheimnis”

Dem geneigten Leser wird nicht entgangen sein, welch einen vortrefflichen Zeitvertreib das Lesen im Allgemeinen und die Lektüre historischer Liebesroman im Speziellen darstellt, wenn einen die Willkür einer Krankheit an das heimische Bett fesselt. Wer sich jedoch selbst dann noch langweilt, wenn er sich draußen freibewegen und sich zudem unter Seinesgleichen aufhalten kann, dem sei geraten, sich einen anderen Zeitvertreib gegen die Langeweile zu suchen, als die Identität einer gewissen Lady Whistledown ergründen zu wollen.

Ein glücklicher Zufall beim Vormerken in der Onleihe hat es mir ermöglicht im Anschluss an mit “List und Küssen” gleich auch noch die sich zeitlich daran anschließenden Bridgerton-Romane zu lesen. Und so wurde ich Zeuge, wie Lady Danbury auf einer schrecklich langweiligen Veranstaltung demjenigen eintausend Pfund versprach, der die Identität der stadtbekannten Klatschkolumnistin Lady Whistledown aufdecke. Allerdings folgen wir nicht ihr, sondern der nicht mehr ganz so jungen Miss Penelope Featherington und ihrem seit Jahren heimlichen Schwarm Colin Bridgerton, der gerade erst aus Zypern heimgekehrt ist.

Mit ihren inzwischen 28 Jahren gilt Penelope längst als alte Jungfer, ihre Mutter hat es bereits vor Jahren aufgegeben sie zu verheiraten, aber gleichzeitig eröffnet ihr das einige Möglichkeiten zur Selbstständigkeit und sie profitiert immens davon, zum Beispiel endlich die Farben ihrer Kleider selbst zu bestimmen. Als Eloise’ beste Freundin geht sie aber auch im Hause der Bridgertons regelmäßig ein und aus und wird zu Rate gezogen, wenn die Geschwister sich Sorgen machen. So ist es eigentlich wenig erstaunlich, dass Colin zu ihr kommt als ihn Eloise’ Heimlichtuerei und ihre immer mit Tinte verschmierten Hände zu einem bestimmten Verdacht führen. Schließlich ist Lady Whistledown genug Leuten auf den Schlips getreten, um in den Augen der feinen Gesellschaft für immer ruiniert zu sein. Doch Penelope gelingt es, ihn zu beruhigen, und lenkt ihn gekonnt ab, als sie ihn zum Abschied bittet, sie zu küssen. Was eigentlich nur ein kleiner Freundschaftsdienst sein sollte, öffnet ihm die Augen wie attraktiv sie neben ihrem Witz und Charme eigentlich ist.

Und tatsächlich scheinen seine Sorgen unbegründet, da Cressida Tombley, eine junge, verarmte Witwe, behauptet sie wäre die Kolumnistin. Doch als Colin Penelope einige Tage später besuchen will, bemerkt er, wie sie sich davon und in einen eher ärmlichen Teil Londons schleicht. In einer Kirche, in der sie heimlich Dokumente hinterlegt, konfrontiert er sie und erfährt so, dass in Wahrheit sie Lady Whistledown ist und eigentlich ihre Feder niederlegen wollte. Jedoch erträgt sie es nicht, dass Cressida, die sie über ein Jahrzehnt lang gemobbt hat, die Lorbeeren für ihre Arbeit einheimst. Während der Heimfahrt gelingt es Colin, sie von ihrem Vorhaben abzubringen und sie kommen sich in der Kutsche näher. Als Ehrenmann macht er daraufhin keine Stunde später zur Verblüffung der gesamten Familie Featherington einen Heiratsantrag.

Der Start in ihre Ehe wird nur dadurch getrübt, dass Penelopes Verleger sich nicht an die Absprache mit ihr hält und ihren letzten Kolumentext doch veröffentlicht. Als Eloises beste Freundin mochten die Bridgertons sie sowieso seit Jahren und nehmen sie nun mit offenen Armen auf. Collin wird ein ums andere Mal vom Verstand seiner Frau überrascht und vertraut ihr allmählich seine Reisetagebücher an. Mit ihrem Gespür für populäres Schreiben bereitet sie sie auf, damit Collin sie veröffentlichen kann. Und selbstverständlich gefallen beiden die “ehelichen Pflichten”.

Alles könnte so schön sein, bis unerwartet Cressida auf der Schwelle steht. Durch eine bestimmte Formulierung hat sie Lady Whistledowns Identität erraten und will sich ihr Schweigen nun fürstlich bezahlen lassen. Dass die Summe Penelopes Einnahmen der letzten Jahre deutlich übersteigt (zumal sie vieles davon ihrer eigenen Familie heimlich hat zu Gute kommen lassen), ist ihr dabei egal. Doch wie gesagt, Penelope ist nun eine Bridgerton. Am gleichen Abend ist ein Ball bei Anthony und Kate geplant und in Absprache mit seinem Bruder kapert Collin die Veranstaltung und enthüllt allen Anwesenden, dass seine Frau nicht nur hübsch, sonder wirklich intelligent und eine grandiose Schreiberin ist. Nachdem Lady Danbury begeistert reagiert und Collin nochmals zu seiner guten Partie gratuliert, bleibt dem Rest auch nicht viel anders übrig.

Aber wo ist Eloise abgeblieben?

Da Lady Whistledown alle früheren Bände begleitet – sie war über ein Jahrzehnt aktiv / war es schön zu lesen, wie sich alles zusammenfügt. Wer wie ich zu erst die Serie gesehen hat, wurde diesbezüglich weniger überrascht. Dennoch hat mir das Buch gut gefallen. Der Leser erfährt das Geheimnis früher als Collin und kann dann die Liebesgeschichte zwischen den beiden in vollen Zügen genießen. Natürlich herrscht zunächst das Ungleichgewicht, das Penelope Collin bereits seit Jahren liebt und er eben erst realisiert wie attraktiv sie ist, aber gleichzeitig wird dieser Wandel nicht dadurch ausgelöst, dass sie sich plötzlich verändert hat. Sie ist einfach sie selbst, selbstbewusst durch ihr Alter und nicht mehr auf der Suche nach einem Mann, sie weiß, was ihr steht und dass sie sich lieber mit Menschen umgibt, die sie mag, als nach gesellchaftlicher Anerkennung zu streben. Collin, der fast schon als verfressen – wenn auch sportlich – beschrieben wird, mag es sogar, dass sie nicht so dünn ist, wie die Mode es gerne sähe. Intellektuell sind beide auf gleicher Augenhöhe und können dem Urteil des anderen vertrauen, was aus meiner Sicht ihrer Beziehung eine wohltuende Tiefe gibt.

Meine einzige Kritik ist, dass das Buch leider viel zu schnell ausgelesen war.

Begonnen: 8.5.22 Beendet: 10.5.22

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