Sophie Passmann – “alte weiße Männer” (Hörbuch)

Wir hatten eine Bundeskanzlerin, Sportjournalistinnen werden, sobald sie sich auch nur in die Nähe des Fußballs wagen, sofort belächelt, und zum Aufzählen bekannter, deutscher Spitzenköchinnen, brauche ich weniger als eine Hand. Man muss also nicht wirklich lange überlegen, um festzustellen, dass viele zentrale Rollen in unserem (öffentlichen) Leben von älteren Personen, ohne erkennbaren Migrationshintergrund besetzt sind, die sich allein basierend auf ihrem Geschlecht eine höhere Position in der Gesellschaft gesichert sehen. Wie nuanciert dieser alte, weiße Mann sein kann und wie sehr der Faktor Macht eine Rolle in diesem Bild spielt, hat Passmann im Sommer 2018 mit mehreren Interviewpartnern ergründet.

Da ich ihre Art zu sprechen mag, habe ich mich diesmal sehr bewusst für das Hörbuch entschieden, auch wenn so das Notieren interessanter Textpassagen wegfiel und ich nicht mehr hundertprozentig zuordnen kann, von wem dieser oder jene interessante Aspekt beigesteuert wurde.

Passmann ist zwar nur knapp ein Jahr jünger als ich, aber so wenig auf den Mund gefallen, dass sie einst sogar als “Stimme einer Generation” betitelt wurde. Jetzt müsste ich nur noch wissen, wo genau die Grenze zwischen Gen Y und Gen Z verläuft, oder was genau jemandem aus konservativem Elternhaus (inklusive Burschenschaft in Stuttgart) dazu bringt, sozialdemokratisch bis links, feministisch und vegan zu sein und mit damals nicht mal Mitte zwanzig den Mut zu haben, den alten weißen Männern der Republik ein paar weniger bequeme Fragen zu stellen.

Zwar betont Sascha Lobo, mit dem sie startet, dass er aufgrund seines Vaters nie ein alter “weißer” Mann sein könne, aber selbst ein nicht mal dreißigjähriger Kevin Kühnert muss gestehen, dass er wohl nie zu hundert Prozent vor dieser Rolle gefeit sein wird. Immerhin ist beiden bewusst, dass sie es einfacher hatten, weil sie als Junge auf die Welt gekommen sind.

Weniger einsichtig gibt sich da bereits der Redakteur der Welt, der großspurig betont, wie viele Frauen auch an höheren Stellen in den diversen Ressorts arbeiten. Da sie diese Stellen aber nur durch sein Wohlwollen erhalten hätten, bekommt das Ganze sofort den fahlen Beigeschmack des Gönnerhaften. Dieses “weil ich es zulasse, dass …, kannst du…”. Eine Unart, die – so selten sie mir zum Glück inzwischen begegnet – mein Verhalten innerhalb weniger Sekunden komplett verändern kann. Für eine echte Frauenquote sind die wenigsten – aus den verschiedensten Gründen. Auf die Nachfrage, wie sie sich denn fühlen, nur wegen ihres Geschlechts eine bestimmte Position erreicht zu haben, werden sie meistens sehr schnell, sehr ruhig. Lediglich Marcel Reif schien sich mit der Umkehrung der Rollen wohl zu fühlen, damit, dass er inzwischen die “angenehme Begleitung” seiner Frau ist.

Gleichzeitig kristallisiert sich bei ihm aber auch heraus, warum sich viele Männer vom Feminismus bedroht fühlen und beispielsweise eine fachliche Diskussion über die Arbeit einer Fußballkommentatorin bereits im Keim erstickt wird. Die meisten sind mit dem Wandel ihrer Umwelt überfordert und denken immer noch, dass sie qua Geburt etwas “Besseres” wären, mehr wüssten. Und selbst wo im beruflichen mehr Gleichberechtigung akzeptiert wird, ist man mit der Auflösung der tradierten Rollenverteilung im Privaten überfordert. Und sei es einfach nur der Sommelier, der nicht glauben kann, dass “Papa Passmann” seiner Tochter die Weinauswahl im Steakhaus überlässt.

Passmann liefert zu jedem Interview die Umgebung und das meist vorhandene Essen, wenn bei Treffen außerhalb von Restaurants und Cafes für sie mehr oder minder selbstverständlich veganer Aufstrich besorgt wird. Und sie schildert das alles so trocken, wie eben die dritte Rhabarberschorle oder das viel zu hohe Trinkgeld sein kann. Man sitzt mit am Tisch und gelegentlich gewinnt sogar ihr Gegenüber den ein oder anderen Sympathiepunkt, was vielleicht auch an ihrer Auswahl liegt. Sie gibt unumwunden zu, sich die krassesten Vertreter der Gruppe “alter, weißer Mann” dann doch erspart zu haben. Und trotz des immer wieder aufkommenden Humors werden die Themen ernst. Was bedeutete tatsächlich #MeToo? Wie führt der vermeintliche “Herrschaftsanspruch” vieler Männer zu so viel Frauenhass und Gewalt?

Das Buch hilft auf jeden Fall bestimmte Verhaltensmuster zu erkennen und bewusst dagegen zusteuern. Zu erkennen, was frau in bestimmten Situationen die ganze Zeit über gestört hat und vielleicht rechtzeitig zu handeln, statt nur lächeln und sich heimlich zu Hause darüber zu ärgern.

Begonnen: 30.1.24  Beendet: 6.2.24

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Jean-Luc Bannalec – “Bretonische Verhältnisse” (Hörbuch)

Jeder braucht einen Ausgleich zum beruflichen Stress und wenn man im unter echtem Namen eigentlich verlegerischer Geschäftsführer eines der bekannteren deutschen Verlage ist, kann dabei durchaus auch mal eine erfolgreiche Krimi-Reihe dabei herauskommen. Und arglose Nutzer der ARD-Mediathek stolpern dann über die Verfilmungen und wundern sich nach dem Hören des ersten Bandes über die Besetzung in ebendiesen. Aber das tut bei dieser Liebeserklärung an die Bretagne erstmal nichts zur Sache.

Im Fokus steht der koffeinsüchtige Kommissar George Dupin, der selbst drei Jahre nach seinem Umzug von Paris in die Bretagne* immer noch als der “Neue” gilt. Der Zeitraum hat zumindest ausgereicht, dass er seine persönlichen Lieblingsecken und teils liebevoll gepflegte Feindschaften mit seinen Kollegen hat. Den manchmal etwas zu sehr der Politik verbundenen Präfekten nicht zu vergessen. Nun wird also dieser Kommissar zu einem Mord auf kunsthistorischem Grund gerufen. In einem Hotel in Pont-Aven, das ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt der Künsterlschule rund um Paul Gauguin gewesen sein soll, wird der aktuelle Hotelier (Enkel derjenigen, die damals all die Maler bewirtete) erstochen aufgefunden. Jetzt war Monsieur Pennec zwar schon über 90, doch der Wunsch, am nächsten Tag sein Testament bei der Notarin ändern zu lassen, und der geheime Tipp von Dupins Hausarzt, dass er nicht mehr lange zu leben gehabt hätte, machen die Sache zunächst mysteriös.

Also wird zunächst in alle Richtungen ermittelt, ausgeschlossen, wer durch die Testamentsänderung plötzlich besser dastünde – der vom Erbe ausgeschlossene Halbbruder? der pensionierte Kunstlehrer, der mit Pennecs Spenden ein bretonisches Museum der expressionistischen Maler aufzog? Sämtliche Telefonverbindungen werden überprüft… doch noch bevor sich daraus eine heiße Spur ergibt, wird der Sohn des Opfers tot an den Klippen gefunden und gibt neue Rätsel auf.

Letztlich gibt die für das Hotelrestaurant viel zu teure und aufwendige Klimaanlage den entscheidenden Hinweis – am Tatort hängt (genauer hing) unter all den üblichen Kopien ein Original! Nach Bestätigung seiner Theorie durch eine Kunstprofessorin und ihrer groben Schätzsumme von 40 Millionen Euro weiß Dupin nun auch, dass alle Beteiligten ihn ziemlich an der Nase herumgeführt haben. Aber wer würde wie weit gehen, um die Schenkung eines echten, der Öffentlichkeit noch unbekannten Gauguins an ein renommiertes Kunstmuseum zu verhindern?

Da zunächst die Ermittlungsrichtung vollkommen offen ist, hat das Buch gerade im Mittelteil seine Längen, die Bannalec aber durch Schilderungen der Sommerfrische in der Bretagne gut überdeckt und mit seinen kulinarischen Schilderungen durchaus Lust macht, einmal selbst den Sommer dort zu verbringen. Die ein oder andere Nebenfigur habe ich zum Schluss zwar dann doch durcheinander gebracht, aber im Großen und Ganzen kannte man jede Person, ihren Charakter und ihre Motive (gefiltert durch Dupins Wahrnehmung). Niemand wirkte platt, wenn auch die ein oder andere Überzeichnung durch die subjektive Beschreibung sich wohl nicht vermeiden ließ. Der Lokalkolorit spielt sich sanft in den Vordergrund und wird sogar aktiv kommentiert, etwa, wenn Dupin allmählich genervt auf die dritte Belehrung über die in Pont-Aven ehemals ansässige Künstlerszene reagiert.

Was mir ebenfalls gut gefallen hat, wobei ich (noch) nicht weiß, wie sich das in den Folgebänden gestaltet, war, dass man nicht das Gefühl hatte, einen ersten Band zu lesen. Dupin hat sich bereits gut eingelebt, sein soziales Umfeld, inklusive festem Café für seine morgendliche erste Koffeindosis, steht und hin und wieder wird auf vergangene Fälle verwiesen. Seine Statur wird erst in der Mitte des Buches kurz erwähnt, so als wüsste der Leser bereits Bescheid und bräuchte nur eine kurze Auffrischung. Keine langen Erklärungen, keine aufwendigen Einführungen. Das tut für dieses Buch sein Übriges.

Begonnen: 9.1.24  Beendet: 10.1.24

*meine minimalen Französischkenntnisse reichen nicht wirklich aus, um mir alle Namen und Orte zu merken, geschweige denn, sie hier korrekt niederzuschreiben. Ihr müsst euch daher leider größtenteils mit Umschreibungen zufrieden geben.

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Janice Hadlow – “Miss Bennet”

Sehen wir der Wahrheit ins Auge. Auch wenn die meisten Leserinnen von “Stolz und Vorurteil” sich unweigerlich mit Elizabeth identifizieren, so sind wir doch meistens eher Marys. Wir lieben das Lesen – auch die anspruchsvolleren Werke, würden es einem langweiligen Einkaufsbummel (außer in die nächste Buchhandlung) jederzeit vorziehen und wir bleiben, da wir immer nach der perfekten schlagfertigen Antwort suchen, in den entscheidenden Situationen zu still oder reagieren zu spät. Umso mehr hat es mich gefreut, dass Janice Hadlow sich überlegt hat, was Mary zu Mary werden lies und wie es für sie weitergehen könnte, nachdem all ihre Schwestern verheiratet und weggezogen sind, während sie mit ihren Eltern alleine zurückbleibt.

Der erste Abschnitt beginnt mit Marys Kindheit, wie sich die beiden älteren Schwestern, Jane und Elizabeth, zunehmend von ihr entfremden, und ihre Mutter ihr immer weniger Beachtung schenkt, sobald klar ist, dass sie nicht deren Schönheitsstandards entspricht. Zuflucht findet sie in der Musik und in den philosophischen Werken der väterlichen Bibliothek. Durch diesen Schwerpunkt merkt sie, dass sie eigentlich eine Brille braucht, und kann ihre Eltern letztlich davon überzeugen, sie auch zu bekommen. Während der Vermessung ihrer Augen (selbstverständlich kommt der ansässige Brillenmacher nach Longbourne), freundet sie sich sogar mit dem Sohn des Brillenmachers, John Sparrow, an.

Offensichtlich tut es ihr gut, nicht ständig im Vergleich zu ihren Schwestern zu stehen. Denn als im Herbst der erste Ball ansteht, kauft sie sich von ihrem gesparten Nadelgeld ein neues Kleid und lässt sich entsprechend zurecht machen. Auf dem Ball, der zeitgleich auch Lydias und Kittys Debüt ist, amüsiert sie sich sichtlich. John fordert sie gleich zweimal hintereinander auf und sie verstehen sich sehr gut. Das fällt wiederum Charlotte Lucas auf, die Mary darauf hinweist, dass sich der Umgang mit jemandem aus dem “gemeinen Volk” nicht schicke, selbst wenn John demnächst anfange, Medizin zu studieren. Schweren Herzens bricht Mary daraufhin den Kontakt ab und verletzt ihren neuen Freund zutiefst.

Somit ist der Leser nun ausreichend mit Marys Sicht bekannt gemacht und es wird sich in die vertrauten Gefilde des Originals gewagt. Mary beneidet Mr Darcy dafür, dass er sich auf Grund seiner sozialen Stellung nicht mit den anderen Ballgästen unterhalten muss. Was gäbe sie dafür, dies auch zu tun! Schließlich hat sie sich nach der halben Katastrophe des letzten Balls zu den Müttern und alten Jungfern gesellt, um noch weniger aufzufallen, ist nun aber deren Klatsch und Tratsch ausgesetzt. Und dann taucht aus heiterem Himmel Mr Collins auf, der zunächst eher nach Schönheit sucht als nach einer Braut, deren Charakter tatsächlich zu seinem passt. Ihr ist bewusst, dass sie ihn als einzige aus der Familie ernst nimmt und sich ihre Ansichten zum Leben durchaus decken und ergänzen würden. Zwar ist sie nicht in ihn verliebt, doch sieht sie es als ihre Pflicht an, zum Erhalt des Herrenhauses in ihrer Familie wenigstens zu versuchen, ihn für sich zu gewinnen. Ermutigt durch seinen Kommentar, er möge ihr Klavierspiel, versucht sie auf dem Netherfield Ball zu glänzen, merkt aber zu spät, dass sie sich mit dem Gesang überschätzt hat. Aber bevor sie die Situation selbst retten kann, greift ihr Vater, von Elizabeth (die eher an ihr Ansehen gegenüber Bingley und Darcy dachte als an ihre Schwester) auf den Plan gerufen, ein und verschlimmert die peinliche Situation. Als schließlich Charlotte den ersehnten Antrag von Mr Collins erhält, ist Mary fast erleichtert und erfährt die Genugtuung, dass ihre Mutter zugibt, sie habe vielleicht doch Recht damit gehabt, dass sie (Mary) die bessere Wahl (statt Elizabeth) gewesen wäre.

Der nächste Abschnitt springt ein paar Jahre nach vorne. Es ist das eingetreten, was Mrs Bennet immer befürchtet hat – Mr Bennet ist früh gestorben und die Collins haben nun Longbourne bezogen. Trotz der vermeintlichen Schmach als Gast in ihr Elternhaus zurückzukehren, ist dies der erste Ort an dem sich Mary anschließend wohl fühlt. Bei den Bingleys ist sie den abfälligen Bemerkungen ihrer Mutter und den heimlichen Sticheleien Caroline Bingleys, die ihre Verbitterung über Elizabeths Heirat mit Mr Darcy an ihr auslässt, ausgesetzt. Bei den Darcys gelingt es ihr die Beziehung zu ihrer Schwester zu kitten, aber Mr Darcy fühlt sich sichtlich unwohl mit einer “Fremden” im Haus. So bleibt nur noch Charlottes Einladung nach Hertfordshire. Mrs Collins hat mit Geschmack, wirtschaftlichem Sinn und dem ein oder anderem ausrangierten Stück aus Rosings das Haus zu einem kleinen Juwel gemacht, doch Mary merkt bald, dass sie in ihrer Ehe eher unterkühlt ist, Abstand zu ihrem Mann hält und immer wieder Aufgaben für ihn findet, die es nicht erlauben, längere Zeit des Tages gemeinsam zu verbringen. Über ihre philosophischen Studien freunden sich Mary und Mr Collins bald an, da für sie die Bibliothek ihr alter Lieblingsort und für ihn diese mit seinem Arbeitsplatz ein willkommener Rückzugsort im Haus ist. Er beginnt sogar ihr rudimentär Altgriechisch beizubringen, da vor allem die alten Griechen viel zu ihrer Frage, wie sie ihr Glück finden kann, zu sagen hätten. Allerdings führt diese ungewohnte Zweisamkeit auch dazu, dass er (ihr gegenüber sogar laut) hinterfragt, ob er einst die richtige Entscheidung getroffen hat. Mary, die inzwischen zumindest weiß, dass sie wie ihre Schwester eine Liebesheirat will, stellt jedoch die damalige Situation richtig und verlässt Longbourne bereitwillig, als Charlotte sie darum bittet. Dieser war die positive Veränderung in ihrem Mann nicht entgangen und öffnet sich allmählich für die Idee mehr Zeit mit ihm zu verbringen und mehr Zuneigung in ihre Vernunftehe zu lassen. Zum Abschied reicht Mr Collins Mary heimlich sein altes Wörterbuch mit einem Zettel in Altgriechisch: “Wir haben unser Glück selbst in den Händen”.

Wer bisher dachte Mrs Gardiner, sei nur ihren Nichten Jane und Lizzie zugetan, wird nun eines Besseren belehrt. Sie nimmt Mary mit Freuden in London auf, und auch wenn sie sich um die musikalische Ausbildung der jungen Gardiners kümmert, ist dies doch nichts im Vergleich mit dem Leben als Gouvernante, in das sie Lady Catherin de Burgh (ja, genau diese Lady meinte mal wieder unangekündigt in Longbourne reinzuschneien) hatte drängen wollen. Frei jeglicher Erwartungen an sie und ohne zwischenmenschlicher Altlasten, die aufregende, große Stadt vor der Nase blüht Mary sichtlich auf. Sie, die immer durch biedere und schlichte Kleidung versuchte im Hintergrund zu verschwinden, stimmt sogar dem Vorschlag nach einer neuen Garderobe zu, was ihr einerseits helfen würde, sich besser in die Gesellschaft zu etablieren (die Saison und damit die Zeit der Abendgesellschaften im Hause Gardiner beginnt), und zum anderen eine Wiedergutmachung von Elizabeth für das Balldebakel ist, da sie alle Kosten übernimmt.

Und was für einen Unterschied die neue Umgebung (und Garderobe) macht! Noch im Warenhaus beim Aussuchen der Stoffe lernt sie den jungen Anwalt und Freund der Familie Thomas Hayward kennen. Beide lieben sie Bücher und kreieren ihre ganz eigene Challenge, indem sie Lyrik (von Wordsworth) und er das Geschichtswerk ihrer Lieblingsautorin lesen muss. Und bald tritt sogar ein zweiter Verehrer, Thomas Freund William Ryder, auf den Plan und versucht nach dem Treffen in den Vauxhall Gardens ebenfalls möglichst viel Zeit mit ihr zu verbringen.

Obwohl Mary selbst mehr Interesse an Hayward hat, reist Ryder im Sommer ihm und den Gardiners in den Lake District nach. Vor allem Wordsworth Reisebericht hatte die Idee der Reise wieder aufleben lassen. Doch noch bevor sie sich ihm erklären kann, eskaliert die Situation, da sie sich auf dem Gipfel des Scafells Ryders Meinung anschließt, statt auf Haywards Vernunft zu hören, wodurch sie vier (Caroline Bingley, die sich vermutlich auch wegen seiner familiären Verbindungen zu Lady Catherine deBurgh, an ihn geheftet hat) und der Bergführer in ein schweres Unwetter geraten. Noch bevor sich Mary für ihre Sturheit entschuldigen kann, ist Hayward abgereist und hält auch anschließend in London Abstand.

Dadurch sieht Ryder nun endgültig seine Stunde gekommen und beginnt, Mary den Hof zu machen. Da Anne deBurgh durch die Heirat mit ihrem Arzt bei ihrer Mutter in Ungnade gefallen ist, wurde er als Erbe eingesetzt und gedenkt sein nun beträchtlich gewachsenes Vermögen zu einem Teil für Reisen durch Südeuropa zu verwenden. Ohne dabei explizit von Heirat zu sprechen, lädt er Mary ein, ihn zu begleiten. Doch diese braucht nicht erst die ermahnenden Worte einer Caroline Bingley, die sie fast genauso gekonnt abwehrt, wie einst ihre Schwester die von Lady Catherine, um Ryder eine Abfuhr zu erteilen. Sie möchte ausschließlich Thomas Hayward heiraten und mit einem kleinen Schubser ihrer Tante gelingt die Aussprache mit ihm und schließlich heiraten die beiden.

Wie man an der nicht gerade kurzen Zusammenfassung vielleicht merkt, ist das kein wirklich schmales Büchlein, allein bis zum vertrauten Bucheinstieg vergehen 100 Seiten, dennoch war es interessant einmal von dieser Seite aus in die vertraute Geschichte einzutauchen. Anders als bei “Im Hause Longbourn” ist die Perspektive nach wie vor die der gehobenen Schicht, doch Mary sieht mehr und ist deutlich rationaler als ihre Schwestern. Umso amüsanter war es zu sehen, wie sie in ihre neue Rolle als, wenn auch nicht mehr ganz junge, aber dennoch begehrenswerte und intelligente Frau hineinwächst. Selbst Lizzie bringt es im Original nicht auf mehr als vier Verehrer! Und selbstverständlich muss man Mrs Gardiner einfach lieben, die mit ihrer Beharrlichkeit Mary aus ihrem Schneckenhaus holt. Die Mary zu Beginn der Geschichte hätte Caroline Bingley bestimmt nicht als Konkurrenz angesehen oder sich gar genötigt gesehen, mit Worten, die sehr an eine gewisse Szene zwischen Lizzie und Lady Catherine erinnern, sie von einer Verbindung zu Ryder abzuhalten. Selbstredend reist sie schließlich selbst mit dem nun gut situierten Erben ans Mittelmeer. Und vielleicht hat das Buch auch deswegen einen gewissen Umfang erreicht. Hadlow lässt keine losen Enden zurück. Selbst über John Sparrow erfahren wir, dass er sein Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen hat. Und Mrs Bennet treibt sogar ihren sonst so sanftmütigen Schwiegersohn Bingley in die Verzweiflung, weswegen sie zur Konsolidierung von Fachärzten eine Weile in London weilt – was das Chaos um Ryder und Hayward leider nur noch befeuert.

Wer sich aber durch die Länge des Buches nicht abschrecken lässt, wird mit mehreren Stunden scheinbar neuen Austen-Stoffes belohnt und kann sich mit Tee und Buch einkuscheln (oder in den Schatten legen).

Begonnen: 7.7.23  Beendet: 28.7.23

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Taylor Jenkins Reid – “Die sieben Männer der Evelyn Hugo”

Evelyn Hugo kennt man. Sie ist die Ikone, die Legende – und ihr turbulentes Leben war, wie die Journalistin Monique Grant Anfang 2017 lernt, unter der Oberfläche sogar noch turbulenter! Aber was weiß eigentlich die Öffentlichkeit von dieser fiktiven Hollywoodgröße?

Aber Evelyns Leben – zumindest das, was man darüber finden kann – reicht für zehn Seifenopern.
Da ist die frühe Ehe, die geschiedenw urde, als sie achtzehn war. Dann die vom Studio arrangierte Verlobung und die turbulente Ehe mit Hollywood-König Don Adler. Die Gerüchte, dass sie ihn verlassen hat, weil er sie geschlagen hat. Ihr Comeback in einem französischen Nouvelle-Vague-Film. Das Durchbrennen nach Vegas mit dem Sänger Mick Riva. Ihre glamouröse ehe mit dem eleganten Rex North, die damit endete, dass beide eine Affäre hatten. Die schönste Liebesgeschichte ihres Lebens mit Harry CAmeron und die Geburt ihrer Tochter Conner. Ihre herzzerreißende Scheidung und kurz darauf die Hochzeit mit ihrem alten REgisseur Max Girard. Ihre angebliche Affäre mit dem deutlich jüngeren Kongressabgeordneten Jack Easton, die ihre Beziehung zu Girard beendete. Und schließlich ihre Ehe mit dem Finanzier Robert Jamison, die Gerüchte zufolge unter anderem Evelyns Wunsch entsprungen sein soll, ihre ehemalige Filmpartnerin und Roberts Schwester Celia St. James zu ärgern. Alle ihre Ehemänner sind verstorben, sodass Evelyn die Einzige ist, die noch Einblick in diese Beziehungen gewähren kann.

Kapitel 2

Hugo hat schon einige Hollywood-Skandale überstanden, nicht zuletzt wegen ihrer sieben Ehen, darunter eine jahrzehntelange Beziehung zu dem Filmproduzenten Harry Cameron. Die beiden Hollywoodsternchen haben eine gemeinsame Tochter, Conner Cameron, die zweifelsohne der Auslöser für die Auktion ist. Ms Camron starb im letzten Jahr kurz nach ihrem 42. Geburtstag an Brustkrebs.
1938 als Evelyn Elena Herrera geboren, wuchs Hugo als Tochter kubanischer Einwanderer im Viertel Hell’s Kitchen in New York City auf. Bis 1955 hatte sie es nach Hollywood geschafft, war blond geworden und hatte sich in Evelyn Hugo umbenannt. Fast über Nacht wurde Hugo Teil der Hollywood-Elite. Sie stand mehr als drei Jahrzehnte im Rampenlicht, bevor sie ende der 1980er-Jahre in den Ruhestand ging und Finanzier Robert Jamison, der älteren Bruder der Schauspielerin und dreimaligen Oscargewinnerin Celia St. James, heiratete. Nach dem Tod ihres siebten Ehemanns lebt Hugo in Manhattan.

“Evelyn Hugo will Kleider versteigern”, New York Tribune, von Priya Amrit, 2. März 2017

Nicht nur Vivants Chefradakteurin Frankie ist überrascht, als Evelyn Hugo auf die Zeitschrift zukommt und ihnen ein exklusives Interview anbietet – unter der Voraussetzung, dass Monique Grant dieses führt. Monique ist aktuell noch ein sehr kleines Licht in der Redaktion, auch wenn sie wie bei ihrem Artikel über das Recht bei schwerer Krankheit selbst bestimmt zu Sterben durchaus das Können hat, und durchlebt nach nicht mal einem Jahr Ehe die Trennung von ihrem Mann, da dieser für seine Karriere an die Westküste gezogen ist. Nach anfänglichen Berührungsängsten durchschaut sie Evelyn, in deren Apartment in der Upper East Side sie sich fast täglich treffen, und findet neben einem zutiefst menschlichen Kern jemanden, der nur einen Vorwand suchte, um an die perfekte Biografin zu gelangen. Durch ihren Einfluss findet Monique den Mut, Frankie die Karten auf den Tisch zu legen, ihre Position in der Redaktion neu zu verhandeln, und von ihrem Ehemann, als dieser unangekündigt wieder in der gemeinsamen Wohnung auftaucht, ihr aber nicht einmal sagt, er habe sie vermisst, die Scheidung zu verlangen.

Doch was führte bei Evelyn zu dieser Kraft und Lebenserfahrung?

Der arme Ernie Diaz. Als sie mit 11 ihre Mutter verliert und bald darauf in die Pubertät kommt, wird Evelyn bald bewusst, wie die Männer sie sehen. Durch eine Freundin erfährt sie, dass der Elektriker Ernie Diaz eine Stelle als Beleuchter in Hollywood erhalten hat, und sieht ihre Chance, den Traum ihrer Mutter, einer Revuetänzerin, wahr zu machen und als Schauspielerin berühmt zu werden. Ihr Vater willigt in die Hochzeit ein. Und so landet sie mit gerade 15 Jahren an der Westküste, erhält nach einigen Monaten in ihrer Stammkneipe einen Job als Kellnerin und fällt dort eines Tages Produzenten der Sunset Studios auf. Nach den ersten Nebenrollen, verpasst ihr eine Visagistin die berühmten blonden Haare, was ihre kubanischen Wurzeln stärker verschleiert, und, damit sie sich mit männlichen Stars verabreden kann, wird ihr dringend zur Scheidung geraden. Sie feiert die ersten Erfolge in Hauptrollen.

Der verdammte Don Adler. Eine dieser Verabredungen würde man heute wohl als Nepo-Baby bezeichnen, ein Schauspieler in der zweiten Generation. Und tatsächlich wirft diese zweite Ehe zunächst den gewünschten Glanz ab. Gemeinsam werden sei zu dem Paar des jungen Hollywood und ziehen in eine große Villa mit Hausangestellten. Doch das Glück währt nur so lange, wie Don glücklich ist und sie tut, was er von ihr verlangt. Als sie ihm erklärt, dass sie noch keine Kinder wolle und ihre Karriere (gefördert durch den Sunset-Produzenten Harry Cameron) besser dasteht als seine eigene, beginnt er, sie zu schlagen. Da er sich jedes Mal rührend bei ihr entschuldigt und es aussieht als täte es ihm leid, bleibt Evelyn jedoch bei ihm. Erst als sie ihn am Premierenabend von “Little Women” (sie in der Hauptrolle als Jo) in flagranti erwischt, reicht sie die Scheidung ein. Don revanchiert sich, indem er seine Macht ausnutzt, damit sie nicht für den Oscar nominiert wird und von ihrem Studio nur noch an unbedeutende Produktionen ausgeliehen wird.

Doch zunächst stört Evelyn dieser Knick in ihrer Karriere nicht. Während der Dreharbeiten zu “Little Women” freundete sie sich mit einer der anderen Darstellerinnen an, Celia St. James, und stellt an jenem Premierenabend fest, dass sie aufeinander stehen. Die Liebesbeziehung, die sie vor der Öffentlichkeit Ende der 50er Jahre geheim halten müssen, gibt ihr Halt und sie blüht sichtlich auf. Sie freut sich sogar über Celias Erfolge so sehr, dass sie bei deren Oscargewinn sich einen Zahn am Fernsehgerät abbricht – beim Versuch zumindest dort ihre Geliebte zu küssen. Allerdings fällt der Gerüchteküche bald auf, dass Celias Auto auffällig oft in Evelyns Einfahrt (bei der Scheidung hatte sie die Villa bekommen) parkt, wodurch es Zeit wird für Ehemann Nummer drei.

Der leichtgläubige Mick Riva. Nichts lenkt die Klatschblätter mehr ab, als ein Sänger und die von ihm angebetete Schauspielerin, wenn beide spontan nach Las Vegas durchbrennen und heiraten – und wieder nüchtern geworden (Evelyn sorgt bewusst dafür, dass der Sex grauenvoll ist) die Ehe am nächsten Tag annullieren lassen. Diese Finte verschafft Evelyn und Celia ein paar Monate Ruhe, in der sie auch wieder gemeinsam in die Öffentlichkeit können. Doch dann stellt Evelyn fest, dass sie schwanger ist, und Celia, der nicht bewusst war, wie weit sie Mick Riva hatte gehen lassen, verlässt sie enttäuscht.

Evelyn, die kurz zuvor durch das Mitwirken in einem französischen Film des Regisseurs Max Girard ihre Karriere wieder angekurbelt hatte, stürzt sich in die Arbeit und hat nichts gegen die PR-wirksame nächste Ehe ein paar Jahre später einzuwenden.

Der gerissene Rex North. Mit ihrem Schauspielkollegen Rex wird sich Evelyn schnell einig. Nach außen hin führen sie die perfekte Ehe, während sie ihre Ruhe und er die Möglichkeit zahlreicher, geheimer Affären genießt. Erst als er sich dauerhaft verliebt – und seine Freundin schwängert – wird es Zeit das Konstrukt zu überdenken. Zu diesem Zeitpunkt offenbart Harry, der sich an ihrer Hochzeit mit Don ihr gegenüber geoutet hat, Evelyn, dass er mit Celias Ehemann, dem Quarterback John Braverman, zusammen ist. Die beiden fingieren daraufhin eine Affäre, wodurch die Scheidung reibungslos verläuft, ohne dass einer von ihnen das Gesicht verliert.

Der brillante, gutherzige, gequälte Harry Cameron. Als bei der darauffolgenden Oscarverleihung sowohl Celia als auch Evelyn leer ausgehen, finden sie endlich die Gelegenheit sich nach 10 Jahren auszusprechen und beschließen mit ihren Männern nach New York zu ziehen, das ihnen etwas mehr Freiraum lässt. Nur die schon lange bei Evelyn angestellte Luisa weiß, dass statt Harry Celia bei ihr lebt, und alle vier sind endlich glücklich. Sogar Evelyns und Harrys Kinderwunsch bringt das Glück nicht ins Wanken, auch wenn die eigentlichen Partner der Eltern der kleinen Connor “Onkel” und “Tante” für sie sind. Doch dann stirbt John viel zu früh und Harry ertrinkt in seiner Trauer. Während Evelyn die beiden Menschen stützen will, die seit Jahrzehnten ihre Familie ausmachen, nimmt sie, die wegen ihres Alters immer seltener interessante Rollenangebote bekommt, eine Rolle im nächsten Max Girard Film an – an der Seite von Don Adler. Der Dreh einer sehr expliziten Liebesszene verletzt Celia zutiefst und sie zieht nach Hollywood zurück.

Der enttäuschende Max Girard erreicht bei ihrer dritten Kollaboration endlich sein Ziel und überzeugt Evelyn davon, ihn zu heiraten. Was im ersten Moment sich wertschätzend und nach vielen Jahren endlich auch wieder romantisch anfühlt, ist jedoch sehr bald ernüchternd. Es geht weniger um sie, sondern viel mehr darum, wer sie ist. Und selbst das scheint nicht zu reichen, da sie in den wenigen Monaten Ehe sogar betrogen wird.

Währenddessen arbeiten sie und Harry wieder mehr in Hollywood, wodurch Connor sehr viel Freiheit hat, ein rebellischer Teenager zu sein. Harry verliebt sich überraschend erneut und schlägt Evelyn vor zurück zu ihrem alten Arrangement zu kehren. Aber noch ist der Kontakt zu Celia eher eisig und als Evelyn ihn für den Rückflug abholen will, findet sie ihn halbtot in einem an einen Baum gefahrenen Auto. Er verstirbt kurz darauf im Krankenhaus.

Der liebenswerte Robert Jamison. Wie vereinbart man den Wunsch nach Familie mit seinem Leben als Frauenheld? Man heiratet die Geliebte seiner Schwester und zieht mit beiden und der Tochter der neuen Ehefrau Anfang der 90er nach Spanien. Celias Ärzte haben ihr und ihrer kaputten Lunge nur knapp bis zu ihrem sechzigsten Geburtstag gegeben und sie und Evelyn genießen fast ein Jahrzehnt in der spanischen Meeresluft, heiraten sogar eines nachts heimlich, und blühen beide in der Anonymität auf. Evelyn beginnt sogar wieder Spanisch zu sprechen. Aber dann stirbt Celia 2000 und Evelyn kehrt in die USA zurück, in denen auch Conner wieder lebt.

Hier beendet Evelyn ihr Interview und teilt Monique noch zwei wichtige Informationen mit. Genau wie ihre Tochter ist sie an Brustkrebs erkrankt, weshalb sie unbedingt einen wahrheitsgemäßen Bericht über ihr Leben abliefern wollte. Und sie war es, die Harrys Beifahrer damals auf den Fahrersitz gesetzt hatte, Den deutlich jüngeren, schwarzen James Grant – Moniques Vater (sie war am 16.2.1989 gerade 7 Jahre alt). In Harrys Sachen hatte Evelyn einen Brief gefunden, in dem James ihm erklärt, dass er für ihn weder seine Frau noch seine Tochter, sein ein und alles, verlassen könne. Es bleibt offen, ob Harry den Unfall mit zu viel Alkohol im Blut deswegen oder wegen Evelyns zögerlichem Verhalten provoziert hat.

Monique verlässt nach dieser Enthüllung aufgebracht die Wohnung, kehrt aber am nächsten Tag für das mit der Zeitschrift vereinbarte Titelfotoshooting zurück. In ihrem letzten Gespräch mit Evelyn fällt bei ihr der Groschen, was diese vorhat. Doch statt sie aufzuhalten, fährt sie zum Flughafen und holt ihre Mutter dort ab. In der Juni-Ausgabe wird wie besprochen ihr Artikel veröffentlicht, der zum einen Evelyns schauspielerische Erfolge feiert, zum anderen klar stellt, dass sie bisexuell gewesen ist, sich aber ihr ganzes Leben hatte verstecken müssen.

Ich sagte: “Stört es Sie nicht, dass ihre Männer so sehr die Schlagzeilen beherrschen, dass sie Ihre Arbeit und Sie selbst fast in den Schatten stellen? Dass man nur noch von Ihren sieben Männern spricht, wenn man über sie spricht?”
Und ihre Antwort war typisch für Evelyn.
“Nein”, sagte sie. “Weil sie nur Männer sind. Ich bin Evelyn Hugo. Und außerdem glaube ich, wenn die Leute erst einmal die Wahrheit wissen, werden sie sich viel mehr führ meine Frau interessieren.”

Ich weiß nicht genau, was es war, aber dieses Buch hat mich von der ersten Seite an gefesselt. Natürlich geht man im Kopf alle bekannten Hollywood-Diven durch, doch Reid ist es gelungen, dass keine zu hundert Prozent mit ihrer Evelyn Hugo übereinstimmt. Sie ist eigenständig und überzeugt, weil sie genau weiß, wann sie sich falsch verhalten hat und zu ihren Fehlern steht, statt über sie zu jammern. Die Jahrzehnte sind fließend, obwohl vermutlich eine sehr exakte Zeittafel hinter dieser Geschichte steht, und man hat meistens nur kleinere Anmerkungen über Mode oder technischen Fortschritt, um sie neben der Jahreszahl korrekt zu verordnen. Gut hat mir außerdem auch Moniques Entwicklung gefallen, die sich parallel zu Evelyns Geschichte vollzieht. Zwar ist von Evelyns Seite eine gewisse Wiedergutmachung dabei, dennoch ist es beeindruckend, wie ihre Geschichte Monique genau die richtigen Impulse und Einsichten liefert, um ihr eigenes Leben zu verbessern, und sie dennoch selbstbestimmt darin bleibt, welche Lektionen ihres Gegenübers sie in ihr Leben übernimmt.

Ebenfalls gut gefallen hat mir, dass die Ambivalenz von Evelyn Hugo nie versteckt wird. Sie ist sich bewusst, wie seltsam es ist, lange kein Spanisch mehr in der Öffentlichkeit zu sprechen, dass sie ihre Bisexualität quasi bis zum Schluss geheim hält und auch ihre Partner nicht immer wissen, wie sie damit umgehen sollen. Sie weiß auch, dass sie kein ganz so guter Mensch ist, wie sie gerne wäre, ohne dabei in Selbstmitleid zu zerfließen oder sich in eine gekünstelte Verletztlichkeit zu retten.

Absolut lesenswert!

Begonnen: 16.8.23 Beendet: 25.8.23

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Bonnie Garmus – “Eine Frage der Chemie”

Elizabeth Zott ist (be)merkenswert. Größtenteils im Selbststudium, da sie wegen ihres Vater, der irgendwo zwischen “Jesus he knows me” und “Personal Jesus” einzuordnen ist, als Kind nie lange an einem Ort war, hat sie sich alles beigebracht, was sie für die Zulassung zum Chemiestudium wissen musste. Und sie ist brilliant in dieser Disziplin – und in den meisten anderen intelligenter und gebildeter als viele Experten. Ihrer steilen wissenschaftlichen Karriere stehen nur zwei Dinge im Weg: das jähe Ende ihres Studiums während der Promotion – schließlich habe sie ihren Professor erst verführt und dann heimtückisch mit einem Bleistift fast erstochen; Vergewaltigung könne das bei ihren offensichtlichen Wunden keineswegs gewesen sein – und sie ist eine Frau.

Allerdings lernt man sie zuerst aus der Sicht ihrer Tochter kennen. Als alleinerziehende Mutter, die von der Arbeit im Hastings-Institut in einem ansonsten eher verschlafenen kalifornischen Kaff zum lokalen Fernsehsender gewechselt hat und dadurch erst abends Zeit für sie hat. Ihren Namen verdankt sie zum einen der erbosten Krankenschwester, die in das Namensfenster “fälschlicherweise” das Akronym MAD (Mutter anscheinend deliriös) eintrug, und Halbsieben, der das Gebäck in einem Werk von Proust entdeckt hatte und es passend fand für das ihm anvertraute Wesen. Halbsieben selbst ist als Bombenspürhund ausgebildet und ihren Eltern eines Abends gegen halb sieben zugelaufen. Damals wohnten Elizabeth Zott und Calvin Evans bereits in seinem Häuschen in “wilder Ehe” zusammen. Ein weiterer Skandal in den 1960ern.

Das erste Mal treffen sie sich, weil Elizabeth über die mangelhafte Unterstützung ihrer Forschung zur Abiogenese frustriert in das Labor des “Wunderknaben” (Waisenjunge, mit Stipendium in Cambridge studiert, erfolgreicher Ruderer, junger Stern am Chemiehimmel) geht, um sich dort einige (definitiv ungenutzte) Bechergläser zu holen. Beim zweiten Mal im Theater übergibt er sich vor ihren Füßen. Dennoch stellen sie bald fest, dass sie auf einer Wellenlänge sind, sowohl fachlich als auch in romantischen Dingen. Sie essen mittags gemeinsam den von Elizabeth zubereiteten Lunch, besprechen ihre neueste Forschung und ziehen recht bald zusammen. Nur heiraten will sie ihn nicht, um mit ihrem eigenen Namen in der Wissenschaft sichtbar zu bleiben, was er jedoch nur teilweise nachvollziehen kann. Aus einem Militärgelände läuft ihnen ein Hund zu und unter ihren Bestrebungen erlernt er sogar einen beachtlichen Wortschatz – obwohl er bereits allgemein sehr klug gewesen zu seien scheint. Und Calvin bringt Elizabeth eines seiner absoluten Hobbies bei – Rudern. Erst die Erkenntnis, dass sie nicht schwimmen kann, lässt ihn die Versuche im Zweier zu rudern aufgeben und sie in das Achter-Team wechseln, was wiederum den örtlichen Gynäkologen freut, der fest davon überzeugt ist, dass die höhere Leidensfähigkeit Frauen für diesen Sport geradezu prädestiniert.

Doch Calvin hat noch eine sportliche Betätigung, der er gerne nachgeht – das Laufen. Zunächst erregt er einiges Aufsehen beim Joggen – welcher Mensch bei Verstand würde sich so etwas denn freiwillig antun? – aber dann gewöhnen sich alle an ihn und den großen ihn begleitenden Hund. Sowohl Herrchen als auch Hund werden als sehr intelligent beschrieben, umso tragischer ist es, dass schließlich die Instinkte des einen dem anderen zum Verhängnis werden. Durch die Fehlzündung eines Autos denkt Halbsieben, eine Bombe sei explodiert und zieht Calvin an der neuen, ungewohnten Leine genau vor dieses Auto.

In der Zeit direkt nach der Beerdigung lassen die Neider am Hastingsinstitut ihren Frust an Elizabeth aus. Keiner von ihnen kann etwas mit Calvins Notizen anfangen. Und Elizabeths Schwangerschaft liefert den ersehnten Grund, sie zu feuern. Ausgerechnet Miss Frask aus der Personalabteilung lässt diese Information durchsickern – bevor ihr und Elizabeth klar wird, dass ihr Studium auf erschreckend ähnliche Weise ein Ende gefunden hat.

Also baut Elizabeth kurzer Hand Teile des Hauses, das Calvin in Vorbereitung auf die von ihm geplante Hochzeit ihr bereits schon hat überschreiben lassen, zu einem Labor um, arbeitet heimlich für ihre ehemaligen Kollegen weiter und versucht ihre Tochter großzuziehen. Als Glücksgriff erweist sich dabei ihre Nachbarin Harriet, deren Kinder selbst alle aus dem Haus sind, und die bald mit ihrer Lebenserfahrung eine Vertraute für Elizabeth und Nanny für Mad wird, nachdem Elizabeth ans Hastings zurückkehrt. Doch der Institutsleiter legt sie rein, veröffentlicht ihre bisherige Forschung unter eigenem Namen, unter anderem um einem großzügigen Förderer zu beweisen, dass man nicht auf “E. Zott” angewiesen sei und lässt sie in einem Hilfsjob versauern. Ausgerechnet in dieser Situation muss sie entdecken, dass ihre Tochter trotz nahrhafter, leckerer Lunchbox abzumagern beginnt.

Der Grund ist schnell in Form von Amanda Pine gefunden, die ihre Freundschaft nutzt, um an das leckere Essen ranzukommen, da ihr eigener, alleinerziehender Vater damit heillos überfordert ist. Ebendieser Vater ist Fernsehproduzent und versteht zunächst nicht, was die aufgebrachte, attraktive Frau eigentlich von ihm will. Doch er erkennt eine Chance, wenn sie sich ihm bietet, und überredet Elizabeth prompt “Essen um Sechs” zu moderieren. Nach einigem Entsetzen seitens Walter Pine – die Deko der Fernsehküche wird auseinander genommen, Salz prinzipiell Natriumchlorid genannt, Rudern als grandioser Ersatz zu Diätpillen angepriesen und die Kinder abschließend immer dazu aufgefordert den Tisch zu decken, da ihre Mutter einen Moment für sich brauche – stellt sich ein nicht zu leugnender Erfolg ein. Publikum wird im Studio zugelassen, was zu abschließenden Fragerunden führt und die Senderechte landesweit verkauft. Elizabeth ermöglicht es sogar, dass Walter Pine die Gesamtproduktion übernehmen kann – sein alter Chef möchte ihr “eine Lektion” erteilen, doch diesmal hat sie neben dem gespitzten Bleistift, den sie inzwischen immer im Haar trägt, ihre Kochmesser dabei. Ein Anblick der offensichtlich zu Herzinfarkten führt.

Aber das Ganze hat auch seine Schattenseiten. Elizabeth hat nicht nur weniger Zeit für Mad, sondern schwebt, nachdem sie auf Sendung wahrheitsgemäß erklärt, sie sei Atheistin in Lebensgefahr. Halbsieben verhindert den Anschlag, aber kritische Stimmen bleiben nicht aus. Und selbst die “lobenden” haben die Realität nicht wirklich erfasst. Da sein Journalist Frank Roth keine rührselige Klatschgeschichte über die bekannte Fernsehköchin geschrieben hat (obwohl sie ihm tatsächlich die gesamte Geschichte und Wahrheit erzählt hatte), verhunzt der Chef des Life Magazines das Porträt über sie höchstpersönlich. Dies und die Zuschrift einer Zuschauerin, der sie einst Mut gemacht hat, ihren Traum zu erfüllen und Medizin zu studieren, veranlasst Elizabeth schließlich die Sendung nach 2 Jahren einzustellen. Doch der Weg zurück in die Wissenschaft ist nun noch steiniger.

Dafür, dass die richtigen Steine ins Rollen geraten, sorgt schließlich Mad mit der Recherche für eine Hausaufgabe. Ihre garstige Lehrerin möchte den Stammbaum der Kinder erfahren, weshalb sie ihre Wahlfamilie, Harriet, Halbsieben, Walter, Amanda, aber auch die “gute Fee” ihres Vaters dort einträgt. Denn wie war das nochmal mit dem Waisenhaus? Gab es da niemanden, der vor allem die wissenschaftliche Ausbildung und somit Calvins Talent förderte? Während ihrer Suche lernt sie Reverend Wakely in der Bücherei kennen, der einst mit Calvin eine Brieffreundschaft pflegte und ihm vom Wetter in seiner Heimatstadt vorschwärmte. Rein zufällig arbeitet mittlerweile eine gewisse Miss Frask für ihn. Nun ebenfalls auf den Plan gerufen, forscht er für Mad weiter und rüttelt den Anwalt Wilson wach, der seit jeher für Avery Parker die Parker-Stiftung vertritt.

Da Elizabeth nichts über die “gute Fee” weiß, überrascht sie der Anruf von Miss Frask aus dem Hastings-Institut sichtlich. Avery Parker hat beschlossen, durch den Erwerb der Mehrheit des Instituts die dortigen Strukturen etwas aufzuräumen. Schließlich hatte Frank Roth zurecht in seinem Artikel, der letztlich dank Harriet in der Vogue gedruckt wurde, argumentiert, dass es mehr Frauen in der Wissenschaft bräuchte.

Ein im wahrsten Sinne des Wortes geniales Buch! Zwar brauchte ich die ersten dreißig Seiten um in die scheinbar nirgendwo hinführend Handlung reinzukommen, doch dann liebte ich die Geschichte. Nach und nach liefert Garmus die Hintergründe dazu, wie es zu der Situation am Anfang kam, verstreut aber gleichzeitig auch genug Hinweise, damit der Leser das Ende als wirklich befriedigend empfindet. Es ist kein klassisches Happy End, aber alle Fäden sind eingefangen und die Figuren, die man lieben gelernt hat, letztlich gut versorgt. Durch die enge Verzahnung der einzelnen Personen wirkt der Kosmos anfangs relativ klein, aber er öffnet sich immer mehr für Nebenfiguren und die Ankerpunkte in der “realen Welt” sind so geschickt gewählt, dass die Geschichte fast real wirkt.

Ich war fast enttäuscht, als eine kurze Recherche ergab, dass Elizabeth Zott fiktiv ist. Sie ist kraftvoll, im doppelten Sinne witzig und so stur, dass sie die Macht hat, die Welt um sich herum zum Positiven zu verändern.

“Wenn Selbstzweifel Sie beschleichen”, sagte sie und wandte sich wieder dem Publikum zu, “wenn die Angst Sie packte, denken Sie immer daran, dass Mut der Grundstein für Veränderung ist. und wir sind chemisch dazu angelegt uns zu verändern. Fassen Sie also morgen beim Aufwachen folgenden Vorsatz: Keine falsche Zurückhaltung mehr. Kein Unterordnen mehr unter die Meinungen anderer, die Ihnen sagen wollen, was Sie leisten können und was nicht. Und nie wieder zulassen, dass andere Sie in Schubladen stecken, in sinnlose Kategorien wie Geschlecht, Rasse, wirtschaftlicher Status und Religion. Lassen Sie Ihre Talente nicht schlummern, Ladys. Gestalten Sie Ihre eigene Zukunft. Fragen Sie sich, wenn Sie heute nach Hause gehen, was Sie ändern wollen. Und dann legen Sie los.”

Begonnen: 11.5.23 Beendet: 13.7.23

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Matthias Oden – “Die Krone der Elemente” (kurzgefasst)

Zwei konkurrierende Reiche, alte und neue Prophezeihungen und ein mysteriöses Fundstück im Wald, haben mich viele Stunden gebannt dem Hörbuch zum ersten Teil einer mir bis dahin unbekannten Fantasy-Reihe lauschen lassen. Da ich mir nicht alle Namen merken konnte, hier nur eine grobe Zusammenfassung.

Der schwelende Konflikt eröffnet die Geschichte, indem ein Fürst in seinem Wald feindliche Truppen entdeckt, die ein tiefes Loch graben. Er wird gefangen genommen, über die Landesgrenze gebracht und soll letztlich hingerichtet werden. Die ganze Aktion wurde von der Heerführerin des Herzogtums eingefädelt, die solange der Herzog minderjährig ist quasi regiert, und diente der Beschaffung der Krone der Elemente. In diese Krone wird ein wichtiges religiöses Artefakt, ein mit dem Element Luft in Verbindung gebrachter Stein, eingefasst, was dem Ende des Buches zufolge Kontrolle über den Wind erlaubt.

Das Kaiserreich wiederum wurde vor einigen Jahrzehnten neustrukturiert, doch inzwischen ist der Kaiser alt, leidet scheinbar an Demenz, und die von ihm oder seinen Vorfahren besiegten “Brüdervölker” werden nach wie vor nicht gleichrangig behandelt, wenn es um die Verteilung höherer Posten geht. Dies trifft vor allem das Gebiet direkt an der Grenze zum Herzogtum, dass nun “zurück”erobert wird. Um sich die Loyalität der dort lebenden Bevölkerung zu sichern, lässt die Heerführerin zum Völkermord an denjenigen aufrufen, die etwas mit den Leuten aus dem alten Kaiserreich zu tun haben. der Einfachheit wird das an der schwarzen Haarfarbe festgemacht.

Dass Völkermord ein bevorzugtes Mittel des Herzogtums ist, wird durch den Handlungsstrang deutlich, der einer Delegation in die ebenfalls an das Herzogtum angrenzende Wüstennation folgt. Im Kampf um die am Rande der Wüste gelegenen Oasen wurden deren Bewohner einst in ebendiese getrieben und starben qualvoll. Da selbst das aber die Unruhen nicht vollständig beendet hat, soll nun ein Friede ausgehandelt werden, wofür der Gesandte die herrschaftliche Familie kennen lernt. Gerade als er denkt, es liefe alles gut, und er allmählich Verständnis und teils sogar Bewunderung für das Wüstenvolk aufbaut, bringt einer seiner Begleiter, der dem engsten Kreis um die Heerführerin entstammt, alle Anwärter auf deren Thron um.

Angedeutet wurde dieser Ausgang in einer der neuen Prophezeiungen, die ein Seher-Schüler für die ihm im Traum erscheinenden ersten Seherin aufschreibt. Neben seiner Aufgabe erklärt sie ihm auch, dass die Welt zur Zeit im Chaos versinkt, weil ein bestimmtes Zeitalter, das der “Goldenen Zeit”, zu früh ausgerufen worden wäre, und dies die Zukunft nachhaltig geschädigt habe. Um der Herausforderung besser gewachsen zu sein, beschließt der Schüler nach den ersten Erfolgen seine Ausbildung abzuschließen, was im Falle der Schule bedeutet, sich auf die so genannten Traumfelder jenseits der wirklichen Welt zu begeben.

Währenddessen gelingt dem Herzogtum der erste große Erfolg gegen das Kaiserreich, das glaubte das feindliche Heer an einer Schmalstelle in den Bergen aufhalten und stellen zu können. Doch plötzlich hat es den die Angreifer vor und hinter sich. Die Soldaten sterben oder retten sich in den nahen Wald. Aber auch dieser bietet keine Sicherheit, als ein unerwarteter Sturm alles dem Erdboden gleich macht.

Ein insgesamt gut geschriebenes Buch, auch wenn mir die Darstellung des Krieges und vor allem die beginnende Feindseligkeit bis hin zum Völkermord teilweise doch auf den Magen ging. Das große Ensemble wirkt erstaunlich dreidimensional, selbst hin zu Personen, die nur für ein “Zwischenspiel” eingeführt werden, die Sicht der eigentlich Mächtigen, wie die des Kaisers oder der Heerführerin, wird dabei aber nie eingenommen. Ihre Motivation bleibt daher unklar und man kann sich nur auf die Eindrücke derjenigen in ihrem Umfeld verlassen. Positiv ist mir auch aufgefallen, dass in den vorgestellten Völkern kein Unterschied zwischen Mann und Frau gemacht wird, selbst Homosexualität wird als selbstverständlich behandelt, wodurch sich der Leser noch freier seine Identifikationsperson suchen kann. Ebenfalls clever gelöst die Wissensvermittlung, da sich entweder Lehrsituationen zum Beispiel zwischen Reiter und Knappe ergeben oder im Gespräch des einen Handlungsstranges etwas ergibt, dass den Hintergrund für einen anderen liefert.

Ein paar Kritikpunkte gibt es dennoch. Allen voran die sehr stereotypische Namensgebung, um zu verdeutlichen, in welcher Umgebung die Orte liegen oder was die dort lebenden Völker beeinflusst hat. Gleichzeitig wurde (wie auch bei Patrick Rothfuss in “Wise Man’s Fear”) – vielleicht um dem Klischee nicht ganz nachzugeben – einer Ethnie helle Haut und blonde Haare verpasst, deren Kultur eher an Nordafrika erinnert. Ich bin mir hierbei wirklich unsicher, was ich damit machen soll. Es gut finden, dass Stereotypen nicht gefördert wurden, oder mich über die vertane Chance zu ärgern, da die Hautfarben allgemein sehr hell sind?

Nichtsdestotrotz bin ich gespannt, wie es mit der Reihe weitergeht. Fest steht für mich, dass die Kontrolle über weitere Elemente folgen wird, aber wie sich das auswirken wird, ist mir noch unklar.

Begonnen: 31.5. Beendet: 17.6.23

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Diana Wynn Jones – “Zaubererstreit in Caprona”

Eine norditalienische Stadt. Zwei verfeindete Familien. Zwei junge Leute, die ihre Differenzen beilegen. Und das vage Gefühl der Vertrautheit. Wenn vielleicht auch nicht aus den gleichen Gründen wie bei euch.

Der Stadtstaat Caprona ist vor allem für seine hervorragenden Zaubersprüche bekannt, bei deren Entwicklung sich vor allem die Familien Montana und Petrocchi hervorgetan haben. Allerdings sind die beiden Familien seit gut zweihundert Jahren verfeindet und nicht selten kommt es zu Ausschreitungen zwischen ihnen. Untereinander herrscht jedoch ein sehr herzlicher Umgang und alle leben (und arbeiten) in einer jeweiligen Casa zusammen. So wachsen auch Tonino und sein älterer Bruder Paolo behütet und geliebt auf.

Tonino scheint vermeintlich eine Lernschwäche zu haben, da er sich kaum einen Spruch merken kann, doch stellt er sich als Bücherwurm heraus und versteht die Sprache der Katzen so hervorragend, dass der Kater Benvenuto meistens bei ihm anzutreffen ist, obwohl das eigentlich das Privileg des Familienoberhauptes ist. Auch für den Familienzuwachs ist gesorgt. So heiratet Rosa den jungen Baumeister Marco Andretti und alles könnte so schön sein… wenn nicht die Zaubersprüche mit der Zeit an Kraft verlieren würden.

Toninos Mutter Elisabeth ruft daraufhin schließlich Chrestomanci zur Hilfe, was in mir die Frage aufwarf, ob sie diejenige war, die damals für Gwendolin… aber das geht gerade etwas zu weit. Also, Chrestomanci kommt nach Caprona und stellt bald fest, dass eine dritte, starke magische Kraft am Werk ist, ein gegnerischer Zauberer, der alles daran setzt Caprona so sehr zu schwächen, dass es einem Angriff der andere Stadtstaaten nicht widerstehen könnte. Als einziges Mittel empfiehlt er den vollständigen, leider verloren gegangene Text des Engels von Caprona. Aber so schnell er gekommen ist, so schnell ist er auch schon weiter, um in Rom Verbündete für Caprona zu gewinnen. So kann er auch nicht eingreifen als jeweils eines der Kinder der beiden Familien verschwindet, nachdem es ein aufregendes Buch mit der Post erhielt.

Auf den Straßen tobt ein offener Kampf zwischen beiden Familien, die sich jeweils gegenseitig der Kindesentführung bezichtigen. Das Chaos nimmt erst ein Ende als sich ein dichter Nebel auf sie senkt, in dessen durcheinander Paolo und Renata Petrocchi ins Gespräch kommen, da sie einander verwechseln. Sie sind überzeugen den jeweils anderen, dass das jüngere Geschwisterchen nicht bei ihnen ist, aber scheitern daran, es den Erwachsenen zu vermitteln. Und plötzlich steht an den Toren der Casas, sie sollen die Zauberei einstellen, wenn sie ihre Kinder wiedersehen wollten.

Währenddessen versuchen Tonino und Angelica ihre neue Situation zu verstehen. Der Raum in dem sie sich befinden ist luxuriös, aber seltsam unecht und billig gemacht. Auch fehlen ihm jegliche Türen. Ihre Vorurteile und Streitigkeiten verschwinden allmählich, sobald ihnen klar wird, dass sie nur gemeinsam entkommen können. Doch wird ihr erster, eigentlich erfolgreicher Fluchtversuch, bei dem sie eine Wand wegsprengen, zu schnell entdeckt und sie finden sich als Figuren in einer Handpuppen-Aufführung wieder, in der die männliche Figur die weibliche erschlägt. (Das Stück scheint im englischsprachigen Raum relativ verbreitet zu sein, zumindest wird auch in “Gone Girl” und in “Die Flüsse Londons” darauf angespielt, und es ist deutlich brutaler als ich die hiesigen Kasperle-Geschichten in Erinnerung habe). Tonino ist jedoch in der Lage, seinen Verstand soweit zu behalten, dass er a) erkennt, dass sie sich im herzöglichen Palast aufhalten b) nachdem er Angelica lediglich schwer verwundet hat, die für ihn gedachte Schlinge der Polizistenfigur umzulegen. Das Chaos, das durch den Ohnmachtsanfall der Herzogin (sie heißt übrigens Lucrezia -> Anspielung auf L. Borgia?) entsteht, reicht zwar nicht zur Flucht, bestätigt aber, dass sie die Strippenzieherin ist.

Außerdem wird dieser Zeitpunkt genutzt, um den umliegenden Stadtstaaten den Krieg zu erklären. Paolo haut in dem Trubel zu Hause ab und will mit Renata ihre jpngeren Geschwister suchen, entdeckt dabei aber, dass sein Schwager in Wahrheit ein Petrocchi ist! Da sich das aber nicht mehr ändern lässt, machen sie soch gemeinsam auf den Weg zu dem einzigen Ort, an dem der Text des Engels von Caprona noch zu lesen ist – dem Dache der Kathedrale.

Dort treffen sie schließlich auch auf Tonino und Angelica, denen der Herzog zur Flucht verhalf (einen inszenierten Angriff aller Wasserspeier der Stadt auf den Palast später). In luftiger Höhe singen sie gemeinsam die verbindenden Worte, während der herbeigerufene Chrestomanci die wahre Identität der Herzogin enthüllt…

Bis jetzt konnte ich nicht klären, warum mir die Geschichte so bekannt vorkommt. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass sie mich sobald das Setting einmal feststand, in ihren Bann gezogen hat. Während ich im Zug zur Arbeit bzw. nach Hause fuhr, hörte ich die Betriebsamkeit der Casa, roch das guten Essen von Toninios Tanten, sah die belebten Straßen vor mir und spürte die Anspannung, die mit der Anzahl der Gerüchte wuchs. Jones ist es wieder einmal gelungen ein dichtes, farbenfrohes Kinderbuchbzu schreiben, dass mit klassischen Rollenverteilungen spielt und auch so manchen Erwachsenen zum Nachdenken anregen kann. Chrestomanci hält sich dabei vornehm im Hintergrund, auch wenn er den ein oder anderen in die richtige Richtung schubst. Dennoch stiehlt er den kindlichen Protagonisten nie die Show und baut auf deren Tatendrang und Fähigkeit selbst Lösungen zu finden.

Begonnen: 20.2.23 Beendet: 3.4.23

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Stella Tack – “Kiss me once”/”Kiss me twice”

Mit den sonnigen Tagen kam bei mir auch die Lust auf leichte Sommerlektüre zurück und Stella Tack liefert mit ihren zwei Büchern über junge Bodyguards, die sich in ihre Schützlinge verlieben, genau das und bietet dabei trotzdem die ein oder andere überraschende Wendung.

Ivy H. Redmond, die Tochter reicher Großindustrieller, ist genervt von ihrem behüteten und gleichzeitig stark reglementierten Leben und schreibt sich deshalb mit Hilfe eines Stipendiums an der staatlichen UCF in Florida ein statt auf eine der renommierten Privatunis zu gehen, die ihre Eltern bevorzugen. Außerdem will sie einen möglichst unverkrampften ersten Eindruck gewinnen und auch hinterlassen, sodass sie heimlich zwei Tage zu früh anreist, sich bei Walmart komplett neu einkleidet und ihr Lieblingsgetränk, Gatorade, neben diversen Süßigkeiten einkauft. Auf dem Campus angekommen läuft sie zunächst ziellos umher und mehrmals in den verwegen aussehenden, aber eigentlich sehr süßen und hilfsbereiten Ray. Bis die Wohnheimleiterin aufklären kann, dass “Heidi” in Wahrheit Ivy ist und Ray ihr Security Ryan, haben die beiden bereits wild geknutscht und sind verknallt. Nicht die beste Voraussetzung für eine rein professionelle Beziehung zwischen den beiden.

Ob sie nun ein Paar sind oder nicht, beschäftigt nicht nur die Damenwelt, sondern auch den Drittsemestler Jeff und seinen Kindheitsfreund Alex, der sehr offensichtlich aus einer reichen Familie stammt. Als die Einladung zu einer Thanks Giving Feier von Ivys Eltern bei ihm eintrudelt, erkennt er recht schnell, was eigentlich Sache ist und findet in Ivy gleichzeitig eine Schulter zum Ausheulen. Denn, da er fröhlich durch die Welt flirtet, blockt Jeff seine Versuche mit ihm eine Beziehung zu führen immer ab.

Wirklichen Ärger bedeutet nur ein Journalismus-Student, der Ivy auf einem Ausflug mit Ryan erkennt und um jeden Preis eine gute Story für sich herausholen will. Als das immer wieder scheitert, u.a. da ein Mädchen die fur Ivy bestimmten Drogen selbst nimmt, überfällt er mit ein paar Freunden die beiden nach einem Filmabend bei Alex und Jeff. Noch während sich Ryan im Krankenhaus erholt und höchst erfreut seinen großen Bruder nach Jahren wieder sieht, sorgt Ivys Ersatzbodyguard dafür, dass sie auf Abstand zu ihm geht.

In der darauffolgenden Erholungsphase blockt er alle Kontaktversuche ihrerseits ab und erst Alex, der ihn bei seinen Eltern in Miami besucht, macht ihm den Ernst der Lage klar. Denn Ivy will, begeistert von einem Vorschlag der Frau eines Geschäftspartners ihres Vaters, nach Vancouver stiften gehen. Doch dieses Mal würde dort kein Bodyguard auf sie warten. Also schleicht sich Ryan nach Absprache mit seinem Vater, dem die Security-Firma gehört, auf die Sponsorengala und versöhnt sich mit ihr. Gegen den Willen ihrer Eltern, aber mit der vollen Unterstützung seiner, ziehen die beiden schließlich um. Ivy, seit jeher sprachenaffin, beginnt ihr Studium und Ryan trifft Vorbereitungen sein Wirtschaftsstudium fortzusetzen.

Im zweiten Teil liegt der Fokus dann auf Ryans quasi Ziehschwester Silver, die mit reichlich Vorurteilen in ihrem Beruf zu kämpfen hat und eigentlich nur zur Erholung zu ihm nach Vancouver fliegt. Doch bereits am Flughafen wird deutlich, dass sie nicht aus ihrer Haut kann, als sie kurzer Hand Prescot, Mitglied der Königsfamilie von Nova Scotia (ja, das wurde kurzfristig zur Monarchie umgemünzt), vor einem Kritiker seines Vaters beschützt.

Daraufhin wird sie für einen Undercover-Einsatz angeheuert – denn wer würde hinter der hübschen, jungen Frau einen Bodyguard vermuten? – und kommt als mögliche Heiratskandidatin an den Hof. In Wahrheit geht es jedoch darum, die Quelle der vielen kompromittierenden Bilder, die vor allem Prescots Cousine Evangeline belasten zu finden. Und natürlich kommen Silver bald ihre eigenen Gefühle in die Quere. abgerundet wird das ganze mit einer spektakulären Entführung und einem Gastauftritt von Alex, der natürlich mit dem Königshaus verwandt ist.

Zwar ist wer zum Schluss mit wem zusammen ist, relativ vorhersehbar, aber kurzweilig und trotz brenzlicher Situation lustig, ist es allemal. Nur über das Königreich Nova Scotia bin ich irgendwie immer noch nicht hinweg, da es mich zu sehr an den Hollywood-Ansatz “wir brauchen einen europäischen Prinzen/Fürst und darum erfinden wir jetzt einen Kleinstaat” erinnert.

Begonnen: 29.8.21 Beendet: 1.9.21

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Terry Pratchett – “Mummenschanz”

Ein altes Opernhaus, ein neuer Besitzer, unerklärliche Morde, eine aufstrebende und eine begabte Sängerin und ein ruheloser Geist. Das kommt euch so bekannt vor, dass ihr am liebsten gleich in die Tasten einer Orgel greifen und laut lossingen würdet? Dann seid gewarnt, denn Pratchett lässt in seinem achtzehnten Scheibenwelt-Roman die Hexen auf die Theaterwelt los – während ich wohl für immer Katherina Thalbachs Stimme für Oma Wetterwachs in den Ohren haben werde. Es gibt wahrlich Schlimmeres.*

Seitdem Margrat geheiratet (wir erinnern uns sehr dunkel an “Lords und Ladies“) und ihr neues Amt als Königin von Lancre angetreten hat, ist der Hexenzirkel nicht mehr das Gleiche, besteht er doch nur noch aus zwei Hexen. Vor allem Oma Wetterwachs scheint dies, wie Nanny Ogg bald beobachtet, sehr zuzusetzen. Auf der Suche nach einer geeigneten Junghexe fällt Nanny wieder Agnes Nitt ein, die jedoch nach Ankh-Morpork gezogen ist, um an der dortigen Oper als Sängerin berühmt zu werden. Die Stimme dazu hat sie, doch auf Grund ihrer fülligeren Statur landet sie nur im Chor. Immerhin kann sie im Opernhaus mit all den anderen Künstlern wohnen, auch wenn ihre Mitbewohnerin Christine ihr bald den letzten Nerv raubt…Aber zunächst muss man die beiden Hexen in die Metropole bekommen.

Den Anlass dafür bietet die fälschlicherweise bei Oma eintreffende Fanpost. Denn ein gewisses “Kochbuch” einer “Hexe aus Lancre” erfreut sich einer sehr großen Beliebtheit. Stück für Stück holt Oma die Wahrheit aus Nanny heraus und schließt bald, dass neben der fragwürdigen Natur der Anleitungen der Verleger Nanny über den Tisch gezogen hat. Statt standesgemäß mit dem Besen geht es diesmal mit der (Post)Kutsche auf Reisen, wo sie gleich Freundschaft mit einem berühmten Opernsänger schließen, der seine Herkunft aus den Schatten (berüchtigtes Viertel Ankh-Morporks) gekonnt seit Jahren verschleiert.

Währenddessen häufen sich die Morde in der Oper. Der Musikdirektor erwähnt dem neuen Besitzer gegenüber die Existenz eines gewissen Geistes, der prompt Christine die Hauptrolle am nächsten Abend singen hören will. Da diese jedoch weit weniger gesangliches Talent als Ausstrahlung hat – und der Geist fälschlicherweise Agnes des nachts statt ihr unterrichtet – singt in Wahrheit Agnes. Nicht nur sie, sondern auch die beiden Hexen durchschauen bald, wer der Geist ist, und stellen eine Falle für denjenigen auf, der die Morde begeht. Nanny mischt sich dafür unter das Opernpersonal, während Oma Nannys neu erlangtes Vermögen dazu nutzt, die feine, einflussreiche Dame zu mimen, die selbstverständlich die dem Geist vorbehaltene Loge nutzen wird.

Das große Finale beinhaltet dadurch unter anderem den Kater Greebo, der sich anscheinend nachwievor in einen Menschen verwandeln kann, als Omas galanten Begleiter, den Bibliothekar, der nach der Orgelreparatur gebeten wird auch während der Aufführung zu spielen, aufregende Verfolgungsjagden und Nanny mit Walter (dem “Mädchen für Alles” der Oper) im Raum des Geistes, in dem sie ein Manuskript einer Oper über Katzen findet.

Letzten Endes sind die Belange der Oper hervorragend geregelt und mit Walter, den Agnes mit seiner weniger tollpatschigen und schüchternen Seite ausgesöhnt hat, als musikalischem Direktor hat sie eine glorreiche Zukunft vor sich. Allerdings ist er immer noch nicht bereit Perdita X (so Agnes Künstlername) den Platz im Rampenlicht zu geben, da Christines “Starqualitäten” nicht zu erreichen wären. Also kehrt Agnes kurz nach Oma und Nanny nach Lancre zurück und scheint der Einladung zum abendlichen Zusammensitzen nicht mehr ganz so abgeneigt wie bei Nannys erstem Vorschlag.

Kann man die Hexen nicht mögen? Keine Ahnung, ob das möglich ist, aber mich haben sie – selbst in verringerter Besetzung – wieder absolut begeistert. Nanny und Oma sind gegensätzlich genug, um sich perfekt auszubalancieren, und ihre pragmatische Herangehensweise an die meisten Probleme verdient einfach Respekt. Fragwürdig ist jedoch, warum mir ausgerechnet das folgende Zitat im Gedächtnis geblieben ist:

Halt mich bloß nicht für nett. Nett bin ich nur im Vergleich zu Esme – und das ist quasi jeder.

Auch die Nebencharaktere haben wieder viel Freud bereitet. Nicht lange nach Christines Vorstellung hungerte ich nach einer Bestätigung, dass es keine zufällige Anspielung auf “Phantom der Oper” war. Walter war so auffällig unscheinbar, dass in bereits früh eine gewisse Aura umgab. Der neue Operndirektor war in seiner Reue und Verzweiflung, wie sein Neuerwerb geführt wurde, zwar bestimmt überzeichnet, dennoch immer glaubhaft. Und Greebo mit seinen Anwandlungen als “Bad Boy” versprüht eine gewisse Zeitlosigkeit.

Die Show gestohlen, und damit sich ihren Platz als dritte Hexe verdient, hat jedoch für mich Agnes. Sie folgt ihrem Traum und lässt sich dafür anfangs noch in die Ecke stellen. Wie oft schluckt sie ihre wahren Gefühle herunter? Doch mit der Zeit merkt sie, was ihre Stärken sind, und steht zu der Person, die sie tatsächlich ist. Zwar verbaut ihr das die Weiterverfolgung ihres Traums, aber ihre Integrität (vgl. den Opernsänger) und sich nicht unter Wert zu verkaufen, sind ihr schließlich wichtiger und versprechen ein höheres Lebensglück.

Begonnen: 7.4.23 Beendet: 10.4.23

*wie erst beim Stöbern in Wikipedia zu merken, dass das Hörbuch eine gekürzte Fassung ist!

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Julia Quinn – “Ein hinreißend verruchter Gentleman”

Wie auch im echten Leben passiert auch in den zeitlichen Abläufen von Romanreihen lange nichts und dann plötzlich alles auf einmal. Zwar sind es hier nicht mein Mann, seine Schwester und sein zweitältester Cousin, die innerhalb eines halben Jahres mit der jeweils langjährigen “besseren Hälfte” vor den Traualtar treten, aber in Band 4 bis 6 scheinen sich auch in der Familie Bridgerton die Hochzeiten zu überschlagen. Dabei ist Francesca doch diejenige, die von den Geschwistern am besten mit sich selbst allein sein kann!

Als fünftes Kind zählt Francesca zwar eigentlich zu den “Jüngeren” Bridgertons, ist aber deutlich vor ihrer Schwester Eloise (Band 5) und ihrem Bruder Collin (Band 4) verheiratet. Allerdings verwitwet sie bereits kurz vor ihrem zweiten Hochzeitstag mit John, dem Earl of Kilmartin, und verliert kurz darauf das gemeinsame Kind. Sie übernimmt daraufhin die Angelegenheiten und Geschäfte ihres Mannes und pflegt im Namen dessen Erben, seines Cousins Michael Stirling, auch das Anwesen. Die Freiheiten, die ihr der Status als Witwe bringt, genießt sie, doch allmählich wächst ihr Kinderwunsch wieder und so reist sie von Schottland nach London, um nach einigen Jahren wieder aktive einer Saison beizowohnen.

Zeitgleich mit ihr trifft auch Michael nach seinem mehrjährigen Aufenthalt in Indien wieder ein. Nach vier Jahren fühlt er sich den großen Fußstapfen seines Cousins gewachsen und glaubt, auch endlich seine Gefühle für Francesca überwunden zu haben. Scheinbar machen ihm nur die vereinzelt, dafür aber plötzlichen und heftigen Malariaschübe zu schaffen (keine Ahnung, inwiefern das medizinisch korrekt ist). Doch dann werden ausgerechnet sie beide zu den begehrtesten Objekten der Saison. Was bei ihm noch einigermaßen nachvollziehbar ist, bringt sie in ernsthafte Schwierigkeiten, da die so genannten “Gentleman” teils seltsame Vorstellungen über das angemessen Verhalten gegenüber einer jungen Witwe haben. Michael kann sie, als sie während eines Balls im Garten bedrängt wird, zwar retten, erkennt aber auch seine eigenen Gefühle ihr gegenüber. Was Francesca davon hält bleibt im zunächst verborgen, da sie nach einem Kuss im Haus, lieber zurück nach Schottland flieht als mit ihm zu reden.

Den passenden Vorwand, ihr doch hinterherzureisen, liefert unverhofft Collin, der Michael im Club von seiner Verlobung mit Penelope erzählt. Schließlich muss seine Schwester über den Familienzuwachs informiert werden. Allerdings ist Francesca vom Boten dieser Nachricht wenig begeistern, vor allem, da er ihr ebenfalls vorschlägt zu heiraten. Um ihr seinen Vorschlag etwas “schmackhafter” zu machen, verführt er sie, doch erst am nächsten Tag als sie beide von einem Unwetter überrascht werden, willigt sie zumindest in eine Affäre ein. Solange sie nicht schwanger würde, bestehe schließlich kein Grund ihre Unabhängigkeit aufzugeben. Allerdings hört Michael (nach überstandener schwerer Erkältung) einige Tage später, wie sie an Johns Grab gesteht, in ihn verliebt zu sein.

Kurz darauf nimmt sie sogar seinen Antrag an und beschließt, ihn spontan in Abwesenheit der Familie zu heiraten. Denn weder Colin noch Eloise haben damit auf ihre Rückkehr gewartet.

Im Epilog erfährt man, dass sie einige später tatsächlich kurz hintereinander zwei Kinder bekommen haben. Und Francesca findet die Gelegenheit sich mit ihrer Mutter auszusprechen, die ihr gesteht, dass sie immer das selbstständigste und unabhängigste der acht Kinder gewesen sei und sie sich deswegen die wenigsten Sorgen um sie gemacht habe.

In den bisherigen Bänden war Francesca aus oben genannten Gründen leider wenig präsent, umso schöner fand ich den Fokus auf ihrer Geschichte und die Ausleuchtung ihres Charakters. Sie ist unglaublich stark und gleichzeitig fähig ihre Ziele zu erreichen. Auch beweist sie, dass sich Liebe zur Familie nicht ( nur) in gemeinsam verbrachter Zeit misst. Deutlich schwerer fällt es anfangs Sympathie für Michael zu empfinden, da sein eigenes Verhalten dafür gesorgt hat, nicht als Heiratskandidat gesehen zu werden.

Gut fand ich auch, dass Francescas Trauer genug Zeit eingeräumt wurde. Ihr wird Raum gegeben und die neue Romanze wird nicht dazu verwendet, von ihr abzulenken. Als Francesca sich auf Michael einlässt, ist sie tatsächlich bereit für einen Neuanfang.

Begonnen: 4.10.22 Begonnen: 16.10.22

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